Die Ikz berichtet am 20.06.17 über den Trans*Treff ( im Artikel noch Gendertreff- Iserlohn genannt ) und Chrissie (Dina):  Zur IKZ

Mit freundlicher Genehmigung der IKZ, Funke Medien NRW GmbH.

STÜBBEKEN  In der Rübezahl-Baude im Stübbeken treffen sich regelmäßig Menschen, die – wie sie sagen – „im falschen Körper geboren sind“: Wo Mann sein oder Frau sein nicht selbstverständlich ist. Nicht von vornherein und nicht für immer.

. „Stellen Sie sich vor, Sie sind als Mann jahrzehntelang verheiratet und plötzlich sagt Ihre Frau, dass Sie sich ab sofort einen Bart wachsen lassen will, weil sie immer schon gewusst hat, dass sie im Innersten ein Mann ist. Sie wären schockiert, oder etwa nicht?“ Wenn Jessika Dina Quasdorf (Chrissie) in leicht zugespitzter Form solche Beispiele erzählt, kann man sich vorstellen, welche Probleme transidente Menschen und ihre Partner haben können.

Es gibt Menschen, die sich im Innersten als Frau empfinden und sich deshalb in ihrem männlichen Körper fremd fühlen. Und umgekehrt läuft es genauso. Die Ursache dafür sind zumeist hormonale Prozesse in der Schwangerschaft, die Abweichungen von der eindeutigen Prägung als Frau oder Mann hervorbringen können. „Transsexuelle“, „Transidente“ oder „Transgender“ beider Geschlechter sind mit ihren geschätzten zwei bis fünf Prozent eine kleine Minderheit in der Bevölkerung. Aber sie finden mehr und mehr Halt und Hilfe untereinander.

Versteckspiel und Alkohol lösen das Problem nicht

In der Vergangenheit mussten die meisten ganz allein mit ihren Problemen fertig werden. Versteckspiel und Verschweigen waren die Pseudolösung, manche ertränkten ihren Kummer im Alkohol. Heute ist die Gesellschaft offener geworden. Und es gibt Selbsthilfegruppen. Auch in Iserlohn. Ihr Treffpunkt ist die Rübezahl-Baude im Stübbeken. Chrissie ist für die SHG- Moderatorin des Gendertreffs in Iserlohn. Auch an anderen Orten in Deutschland werden solche Selbsthilfetreffen angeboten. Darüber hinaus besteht über eine Internetplattform die Möglichkeit, sich auszutauschen und Rat und Hilfe zu bekommen.

Seit zwei Jahren kommen in der Stübbeker Gaststätte einmal im Monat „Transgender“ und Angehörige aus einem Umkreis von 50 Kilometern oder mehr zum Austausch zusammen. Im Schnitt rund zehn Frauen und Männer – oder eben auch Menschen, die sich auf dem Weg zwischen den Geschlechtern befinden. „Kürzlich kam eine 15-Jährige zu uns“, erzählt Chrissie, hält inne und verbessert sich sofort. „Ein 15-Jähriger, muss ich richtig sagen. Also biologisch ein Mädchen, aber auf dem Weg seine eigentliche Identität als Mann auszuleben.“ Dieser junge Mensch aus dem südlichen Märkischen Kreis kam zum Gendertreff in die Rübezahl-Baude um sich Rat zu holen. Unter anderem ging es dabei auch um die Suche nach einem Fachmann aus dem Bereich Psychologie, der eine Indikation zur Einleitung einer Hormontherapie stellt. Diese Indikation soll unter anderem sicherstellen, dass sich die betreffende Person nicht zuletzt über die Folgen einer Hormontherapie bewusst ist und dass keine psychischen Erkrankungen vorliegen. Erst danach kann eine Hormontherapie zur Geschlechtsangleichung beginnen.

„Ein anderes Mal kam ein 18-Jähriger Transmann zum Treff, berichtet Chrissie weiter. „Sein Problem war die Frage: Wie sag ich’s meinen Eltern? Wie oute ich mich?“ „Transmann“ nennt man biologisch weibliche Menschen, die eine männliche Geschlechtsidentität besitzen im Gegensatz zu „Transfrauen“ , die biologisch männlich sind aber eine weibliche Geschlechtsidentität besitzen. „Diesen Mut aufzubringen ist das größte Problem,“ betont die Gendertreff-SHG-Moderatorin mit seufzendem Unterton. „Wissen Sie, wir wollen als normale Menschen behandelt werden. Das wird gesellschaftlich immer mehr anerkannt.

Auch das gibt es: Zuhause eine Frau, im Beruf ein Mann

Die größte Hürde ist in den Köpfen der Betroffenen selbst. Es fehlt am nötigen Selbstvertrauen.“ Manchmal sprechen aber auch praktische Erwägungen dafür, das Versteckspiel beizubehalten. So komme es oft vor, dass sich transidente Menschen im privaten Bereich schon frei als Frau bewegen, während sie im Beruf weiter in ihrer alten Rolle als Mann auftreten. Wer möchte schon Probleme mit dem Chef oder den Kollegen riskieren. Tatsächlich treten solche Probleme jedoch in der Realität nur selten auf.

„Wir wollen normal im Leben stehen“, wiederholt Chrissie das Hauptanliegen der Transgender, während sie mit dem Redakteur an einem Tisch auf der Terrasse der Rübezahl-Baude sitzt. Jeder kann mithören, was gesagt wird. Es gibt nichts zu verbergen. „Wir wollen nicht im Zentrum des Trubels stehen, aber wir scheuen auch nicht die Öffentlichkeit“, erklärt sie selbstbewusst. „Deshalb haben wir uns ein Ausflugslokal im Grünen als Treff ausgesucht. Natürlich schauen uns manche Leute mit großen Augen oder etwas irritiert an. Aber ansonsten werden wir freundlich akzeptiert.“ Ihre Stimme klingt männlich und auch ihre Körpergröße von knapp zwei Metern ist für Frauen ungewöhnlich. „Biologisch bin ich ein 56-jähriger Mann“, bekennt sie in einem Faltblatt, in dem sie sich als selbstständige psychologische Beraterin vorstellt. In ihrem Äußeren von den Haaren bis zum Rock gibt sie sich betont weiblich und chic.

Politisch erheben Transgender ihre Stimme. Sie wollen mehr Rechtssicherheit, auch im Hinblick auf die Kosten­übernahme durch Krankenkassen. „Beispielsweise bei der Haarentfernung“, erklärt Chrissie, „Es darf nicht sein, dass eine Frau aus Kostengründen mit männlichem Aussehen über die Straße gehen muss.“ Der Hilfe im Alltag dienen von dem Gendertreff veranstaltete Hausmessen, auf denen Fachleute und Firmen aufklären und Angebote präsentieren. Man kann sich vorstellen, dass Friseure, Perückenhersteller und Kosmetikerinnen gefragt sind. Solche Anbieter sind übrigens ebenso zum Gendertreff willkommen wie alle anderen Interessierten. „Ein Thema können auch Schuhe sein“, schmunzelt Chrissie. „Frauenschuhe Größe 45 gibt es nicht überall.“

Kategorien: Presse

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Dina

Ich bin psychologische Beraterin, verheiratet und selbst betroffen. Ich habe meine PAE 2017 durchgeführt, nachdem ich mehrere Jahre schon privat als Frau und seit 2016 auch beruflich als Frau gelebt habe. Zusätzlich zu der Ausbildung zur Psych Beraterin habe ich diverse Kurse über Endokrinologie, S3 Leitlinien, GaOP-Methoden an der Akademie für Urologie absolviert.